Um 21:00 kommt ein Anruf von Lea: „Simon was machst du denn morgn?“ Das, ich komm mit, kommt natürlich wie aus der Pistole geschossen. Doch das endgültige Ziel wollen wir erst am nächsten Tag bestimmen. Um 8:30 rufe ich Lea an und wir einigen uns auf den Stubaier Gletscher. Lea hat dort eine X-Rinne in Aussicht und Nordwände gibt’s auch noch ein paar.
Nach einer kurzen Erkundungsfahrt müssen wir erkennen, dass die Zuckerhütl Nordwand ziemlich blank aussieht. Die Daunkogl Nordflanke sieht da schon besser aus, es zieht sogar eine etwas ältere Abfahrtsspur durch die Wand. Lea meint wir könnten über den Südostgrat aufsteigen, damit hätten wir sicher eine schöne Überschreitung, gesagt getan.
Doch erst heißt es den Grat einmal erreichen. Eine steile Flanke zieht bis zu diesem hinauf, doch der Schnee hat nur an der Oberfläche eine harte Schicht. So wühlen wir uns ziemlich mühsam aufwärts. Am Grat angekommen geht es endlich etwas besser, dafür heißt es jetzt ganz schön zupacken, die Kletterei ist zwar nicht gerade schwer, mit den Skiern am Rücken aber anstrengend genug.
Irgendwann erreichen wir dann doch den Gipfel und so gibt es erstmal eine Gipfelrast.
Die Kletterei zur Eisflanke ist dann schon etwas heikler, aber für uns auch kein wirkliches Problem.
Endlich stehen wir am Einstieg der Flanke. Lea überlässt mir den Vortritt, doch ich bin mit meinen breiten Skiern doch noch etwas nervös. Vorsichtig rutsche ich die ersten Meter in die Wand, puh ganz schön steil das kleine Wändchen, sah von unten flacher aus. Leider ist der Schnee fast überall hart gepresst und so wage ich es nicht einen Schwung zu setzten. Irgendwann denke ich mir, du kannst ja nicht die ganze Wand abrutschen und so setze ich den ersten Schwung. Hätte ich mich bloß früher getraut, durch das umspringen kann ich die harte Schicht leicht anbrechen und so hält der Ski viel besser. Etwas weiter in der Wand rufe ich zu Lea zurück, sie soll es im westlichen Teil der Wand probieren, die Verhältnisse schauen dort besser aus. Doch auch ich komme inzwischen auf eine immer mächtigere Pulverschicht und so kann ich endlich anfangen das Abfahren genießen. Mit wenigen Schwüngen bin ich am Wandfuß und beobachte Lea von einem sicheren Standort. Sie erwischt die Wand relativ gut und zieht gleich mit weiten Schwüngen die Wand herunter, Respekt.
Da wir noch etwas Zeit zur Verfügung haben, entscheiden wir uns, heute auch noch die X-Rinne zu fahren. Doch vor dem Vergnügen kommt ein mühsamer Aufstieg. Im Schatten geht ein leichter Wind und mir ist ordentlich kalt, deshalb versuche ich meinen Körper etwas auf Temperatur zu bringen. Doch als wir endlich in die Sonne kommen, merke ich , dass das hohe Tempo mich ganz schön gefordert hat, mein Puls hämmert im Kopf.
Der Aufstieg in der Sonne ist dann wieder etwas angenehmer und so stehen wir nach einer Stunde und zehn Minuten auf einem unscheinbaren Gipfel neben dem Daunjoch.
Die Kletterei zur Rinne wäre zwar eigentlich nicht schwer, da sich hierher aber kaum Bergsteiger verirren ist der Fels noch überhaupt nicht ausgeräumt. Ich kann gerade noch verhindern, dass mir ein kopfgroßer Stein auf den Fuß fällt. Da im oberen Teil der Rinne überall Steine heraus schauen, beschließen wir ein Stück in die Rinne abzuklettern. Da der Schnee sehr hart ist, treten einige Angstschweißperlen auf meine Stirn. Lea kann mit ihren Telemarkschuhen nicht so gut Stufen schlagen, so muss sie noch einmal etwas zurück klettern und am Einstieg Steigeisen anziehen.
Einstweilen richte ich einen schönen „Skianlegeplatz“ her und adjustiere mich für die Anfahrt.
Die Rinne ist teilweise ganz gut zu fahren, doch treten plötzlich immer wieder harte Passagen auf. Da die Sicht inzwischen auch nicht mehr so gut ist, sind diese schwer zu erkennen, also heißt es auf Sicherheit fahren. Kurz bevor die Rinne endet bleibe ich in einer Felsnische stehen und mache einige Fotos von Lea.
Glücklich, dass wir dieses Abenteuer so gut bestanden haben stehen wir am Fuße der Wand, doch jetzt muss ich mich wirklich sputen, meine Kletterkinder erwarten mich in einer guten Stunde in Telfs.
5 Sterne – danke!