Endlich sagt der Wetterbericht ein richtiges Alpinkletter-Wetter für Samstag voraus. Da ich noch nie im Wilden Kaiser war überlasse ich Fahmi die Tourenauswahl. Er schlägt die Westverschneidung am Predigtsuhl vor, sie glänzt mit der Abwesenheit von jeglichem gebohrten Sicherungsmaterial und so hoffen wir dort ein wenig dem unvermeidlichen Kaisertrubel entgehen zu können.
Schon der Zustieg ist für mich als Wilder Kaiser Novize schwer beeindruckend und so vergehen die 800 Höhenmeter bis zum Einstieg wie im Flug. Der Andrang zur nebenanliegenden Westkante bestätigt uns in der Wahl unseres Zieles. Immer wieder hören wir dort Schreie wie: „Achtung Stein!“, „Aua“ oder „Lutz was ist los?“, „Da ist ein Stau da, geht nix weiter.“. Ich habe gleich die Ehre die erste Seillänge vorzusteigen und so kämpfe ich mich mit Friends und Keilen schwer behangen nach oben. Es stecken in dieser Länge zwar ein paar rostige Schlaghaken, doch mit ein, zwei Friends wird die Kletterei zum richtigen Genuss und so komme ich Entspannt zum ersten Stand. Die Sanduhr schaut zwar schon recht ordentlich aus, doch verschluckt der nebenanliegende Riss gierig einen weiteren Keil.
Der hier beginnende Riss schaut zwar nach ziemlich genialer Kletterei aus, doch mit dem laut Topo ausgewiesenen oberen 5. Schwierigkeitsgrad dürfte das nichts mehr zu tun haben. Also versucht Fahmi sein Glück in der etwas weiter links hinaufziehenden Verschneidung. Tatsächlich findet er bald mehrere Schlaghaken und so kann er auch diese Länge ohne größeren Friendeinsatz überwinden. Nachdem ich von Fahmi das restliche Material für die nun folgende Schlüsselseillänge übernehme habe ich Gelegenheit den Weiterweg zu erkunden. Wow das schaut ganz schön steil aus. Doch schon vom Stand aus sehe ich den nächsten Schlaghaken und so stelle ich mich frohen Mutes der Herausforderung. Die Kletterei ist absolut genial, ein teilweise überhängender Riss leitet steil nach oben, in der angrenzenden Wand finden sich immer dann, wenn der Riss keine guten Haltepunkte bietet, geniale Löcher und auch die Absicherung lässt bei dieser Haken und Sanduhrdichte fast schon plaisirfeeling aufkommen. Nur das anbringen der Sanduhren ist in dieser Steilheit ziemlich anstrengend und so erreiche ich etwas abgekämpft den nächsten Stand.
Allzu leicht lasse ich Fahmi diese Seillänge auch nicht überwinden und so heiße ich ihn für ein paar Fotos immer wieder anhalten. Doch ein wirkliches Problem stellt auch das für Fahmi nicht dar und so zieht er sofort in die anschließende 4+ Verschneidung.
Irgendwann rufe ich ihm, dass nur noch 5 Meter Seil übrig sind, ich höre nur ein: “Häng oanfach aus und kimm nach!”. Mit einem mulmigen Gefühl nehme auch ich diese wirklich schöne Seillänge in Angriff. Doch schon bald merke ich am Seilzug, dass Fahmi einen Stand aufgebaut hat. So kann ich die letzten beiden Seillängen in einer über 60 Klettermeter langen Stretchlänge im Nachstieg klettern. Für den Übergang zum „Gipfel“ bestehe ich als werdender Vater auf einem Seil und so gönnen wir uns nach 2 Stunden Kletterzeit eine gemütliche Rast. Dabei können wir das rege Treiben in den umliegenden Routen beobachten. Gestärkt mit einer ordentlichen Jause wählen wir die bequeme Abseilpiste durch den Botzong-Kamin.