Piz Bernina / Biancograt (4048m)

Mit Mama, Goggi und Manu eine tolle aber auch sehr anstrengende Tour auf den höchsten Berg der Ostalpen unternommen. Der strahlende Sonnenschein und der perfekte Firn lockte uns endlich einmal diesen Traumgrat anzugehen. Leider wurden auch viele andere Bergsteiger von diesen Verhältnissen angezogen.

Stefan wollte schon lange einmal den Biancograt gehen. Also haben wir einen Termin fixiert und die Tour vorbereitet. Da ich diese Tour meiner Mama zum 50er geschenkt habe, ist inzwischen immerhin auch schon 6 Jahre her, wird sie natürlich auch eingeladen. Leider muss uns Stefan am Samstag in der früh absagen, ihn plagt eine Verkühlung. Also brechen Goggi, Mama, Manu und ich ohne Stefan am Samstag um 7Uhr auf.
In Pontresina lassen wir Manu und Mama mit dem Gepäck erstmal alleine und parken das Auto am Bahnhof Morteratsch. Nach einer Stunde sind wir wieder retour und so geht es schwer bepackt ins Val Roseg.

Wunderschön geht der Weg mit Blick auf eine beeindruckende Gletscherlandschaft in Richtung Tschiervahütte. Immer wieder laden kleine Quellen zum verweilen ein.

Auf der Hütte treffen wir zufällig Becks und Ant, sie wollen morgen mit Oliver, der etwas später eintrifft, auch über den Biancograt auf den Bernina. Zuerst gibt es einmal ein Bier als Stärkung, dann wird der Nachmittag mit chillen verbracht. Langsam füllt sich die Hütte und bis zum Abendessen herrscht Hochbetrieb. Nach dem Abendessen können wir noch einmal einen Blick auf unser morgiges Ziel richten.

Um 3Uhr heißt es aufstehen. Verschlafen kommen wir in den Gastraum um unser Frühstück zu uns zu nehmen. Wir sind eine der letzten Seilschaften. Ich denke mir ok, dann lassen wir uns halt Zeit. Im Dunkeln suchen wir den Weg bis zum Gletscher. Steinmänner und Reflektoren helfen in der steilen Flanke enorm. Trotzdem bin ich froh den Weg schon so ungefähr zu kennen, ein abkommen vom Weg wäre in diesen Schuttflanken sehr gefährlich. Vor dem Gletscher treffen wir auf einige andere Seilschaften, die auch die Steigeisen anziehen. Da der Tag inzwischen angebrochen ist, können wir den Weg zur Fuorcla Prievlusa überblicken. Da der neu angelegte „Klettersteig“ über die Felsen noch sehr nass ist entscheiden wir uns für den steinschlaggefährdeten Aufstieg über die Firnflanke. Diese Wahl sollte sich als nicht so gut herausstellen. Knapp unter dem Bergschrund kommen uns Steine entgegen geschossen. Ich rufe noch zu Manu: „Achtung Stein“, schon trifft mich ein Brocken auf den linken Arm. Irgendwie ziehe ich in letzter Zeit Steine an, das ist schon der zweite Treffer von einem ordentlichen Brocken in den letzten 4 Wochen. Aber auch heute habe ich fetten und der Knochen hält. Etwas lädiert komme ich an der Scharte an. Das letzte Mal als ich mit Adrian hier war versuchten wir mit T-Bloc am laufenden Seil zu klettern, diese Taktik hat sich damals nicht so bewehrt und so versuchen wir heute am „kurzen Seil“ zu klettern. Also bilden Manu und Goggi, und Mama und ich eine Seilschaft. Das klettern hier ist ein echter Genuss und so sehe ich schon bald ein breites Grinsen auf den Gesichtern meiner Bergpartner.

Beim Abklettern zum Anfang des Firngrades zeigt uns ein Bergführer wie man sich vorbildlich verhält. Er seilt seine Gäste quer über uns hinweg ab, sollte ein Gast ausrutschen würde er Goggi beim Abklettern aus der Wand reisen. Später erfahre ich, dass diese Gruppe sich auch gegenüber anderen Seilschaften vorbildlich verhalten hat und sich bei jeder Gelegenheit vorgedrängt hat. Doch der Unmut ist bald vergessen, da sich der Firngrat heute als perfekte Himmelsleiter präsentiert.

Zügig steigen wir höher. Der eigentliche Biancograt ist wirklich ein Genuss der aber leider viel zu schnell vergeht. Am Piz Bianco angekommen trauen wir erstmal unseren Augen nicht. Der ganze Übergang zum Piz Bernina ist voll mit Leuten. An jeder möglichen Köpflschlinge hängen 1-2 Seilschaften.

Da der Wind sehr stark bläst wird uns langsam ziemlich kalt. Es hilft aber nichts irgendwie geht fast nichts weiter. Nach Stunden kommen wir endlich an der Abseilstelle an. Die Verschneidung auf den Turm ist heute teilweise mit Schnee und Eis gefüllt. Ich kann mich erinnern vor 2 Jahren war das eine echt blöde Stelle, da in der Verschneidung kaum Griffe und Tritte zu finden waren. Heute stapfen wir hier einfach hoch. Die Überschreitung des Turmes wartet mit einer delikaten Einzelstelle auf. Über einen Spalt muss man sich nur mit den Händen haltend bis auf ein kleines Podest hinunter lassen. Links und rechts pfeift die Wand 700m hinunter. Dies also ist der Hauptgrund für den langen Stau. Goggi überklettert den Schlund natürlich bravourös. Leider zieht langsam schlechteres Wetter auf.

Manu braucht bei dieser Stelle ein wenig Hilfe, schafft es aber dann ganz gut. Mama nimmt die Stelle mit absoluter Lockerheit. Nun trennen uns nur noch wenige unschwierige aber ausgesetzte Seillängen vom Gipfel. Für den Verbindungsgrat vom Piz Bianco zum Piz Bernina haben wir heute 5! Stunden gebraucht. Normalerweise ist die Kletterei in längstens einer Stunde erledigt. Da am Gipfel ein ordentlicher Sturm weht verzichten wir auf ein Gipfelschnapserl und Foto und gehen nach einem Gipfelbussi sofort zum Abstieg über. Mama und Manu hatten vor dem Spallagrat die größte Angst. Als sie sehen, das die Verhältnisse heute perfekt sind, quittieren sie ihre Angst mit einem müden Lächeln. Die Abseilstellen nerven zu so fortgeschrittener Stunde zwar nochmals ordentlich, trotzdem versuche ich voll konzentriert zu sein um nicht zum Schluss noch einen Fehler zu machen. Bei einem Abseiler fällt Mama auch noch das Reverso aus der Hand und verschwindet in der Ostflanke des Piz Bernina. Bei inzwischen echt grausigen Wetter erreichen wir endlich die letzte Abseilstelle zum Refugio Marco e Rosa.

Jetzt heißt es nur noch die steile Schneeflanke hinunter bis die Hütte vor uns im Nebel auftaucht. Endlich geschafft nach 15 Stunden auf den Beinen.

Auf der Hütte treffen wir Becks und Ant wieder, ihr Partner Oliver musste von der Marco e Rosa Hütte mit einer Nierenkolik ausgeflogen werden. Da ich auf der Hütte reserviert habe bekommen wir noch ein Schlafplätzchen im Winterraum und sogar noch ein super Abendessen. Nach ein paar Gläsern Wein und einer Pfeife geht es ins überfüllte Schlaflager.

Am nächsten Morgen beginnt das Gewusel im Lager noch vor Sonnenaufgang. Da wir heute nicht vor haben Berge auszureisen drehe ich mich mit guten Gewissen noch einmal um. Nachdem uns ein Hubschrauber geweckt hat gehen wir um 9Uhr als letzte Gruppe in den Gastraum. Die netten Jungs von der Hütte servierten uns auch heute wieder als letzte Gruppe ein üppiges Frühstück. Da Mama gestern keine Sonnenbrille getragen hat, hat sie sich eine ordentliche Bindehautentzündung eingehandelt. Nachdem Mama verarztet ist und wir unsere Steigeisen angelegt haben beginnen wir um 11Uhr mit dem Weg Richtung Morteratsch.

Bei strahlendem Sonnenschein geht es durch Furcht einflößende Gletscherbrüche hindurch.

Neben uns klaffen immer wieder riesige Spalten auf. Auf schmalen Schneebrücken bin ich ganz froh mit meinen Steigeisen einen ordentlichen Halt im Eis zu haben.

Am Fortezzagrat müssen wir noch einige male abseilen. Da die Abseilstellen allerdings perfekt markiert sind und bis auf den starken Wind das Wetter wunderschön ist, genieße ich die rasanten Abfahrten. Zu unserer Rechten können wir ständig unseren gestrigen Aufstiegsweg bewundern.

Über die Isla Persa geht es steil nach unten zum Morteratsch Gletscher.

Der zerrissene Gletscher erfordert noch einige waghalsige Spaltensprungmanöver 🙂

Doch Mama nimmt dann doch lieber den bequemen Weg 😉

Müde kommen wir nach dem letzten Talhatscher an der Zugstation Morteratsch an.

8 Gedanken zu „Piz Bernina / Biancograt (4048m)

  1. tolle Beschreibung – so tolle/vorbildliche BF gibts leider immer wieder (hin und wieder wünscht man sich für solche Ungustln eine Zwischensicherung, in die ein Halbmastwurf reingeht …)

  2. Danke für die mega gute Beschreibung. Mein nächstes Projekt!! Was würdest Du als Vorbereitung für die Tour empfehlen? Liebe Grüsse

    • Je nach Wohnsitz, Beispiele in Tirol: Felsgrate (Manningkogel-Acherkogel, Wilde Leck Ostgrat) und einfachere Eiswände (Wildspitz Nordwand,…) sollten dir recht gut ein Gefühl für die Anforderungen geben. Aber konkrete Tipps sind immer mit Vorsicht zu genießen!

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